Christiane Boehlke und Gunther Eckes bei der "Zuhälterballade" von Bertolt Brecht
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"Die rote Zibebe" Texte und Lieder von Karl Valentin und Bertolt Brecht am 17.11.07 mit Christiane Boehlke, Andreas Bichler, Gunther Eckes und Stefan Peiffer am Klavier |
Neumünster - Sie waren sehr verschiedene Zeitgenossen und hatten doch eines gemeinsam: Den schonungslosen Blick auf menschliche Schwächen und Unzulänglichkeiten, Heuchelei, Gier und Habsucht, aber auch die Irrungen und Wirrungen von Leidenschaft und Liebe. Mit Texten und Liedern von Karl Valentin und Bertolt Brecht bereiteten drei Schauspieler von der Hochschule für Musik und Theater in Hamburg, begleitet von Stefan Peiffer am Klavier, ihrem Publikum im Literaturcafé Einfeld unter dem Titel "Die rote Zibebe" einen höchst amüsanten, aber auch tiefsinnigen Abend.
"Wenn dieser Mensch, eine der eindringlichsten geistigen Figuren unserer
Zeit, die Zusammenhänge von Gelassenheit, Dummheit und Lebensgenuss leibhaftig
vor Augen führt, lachen die Gäule": So urteilte Brecht über Valentin, den er
schätzte - und im ersten Teil des Abends fließen tatsächlich die Lachtränen.
Valentin spießt feinsinnig den alltäglichen Nonsens auf, entlarvt Floskeln und
kommunikative Leere. Absurd und komisch führen Christiane Boehlke und Andreas
Bichler auf bayrisch die seltsamen Wege der menschlichen Kommunikation vor -
mit einer wortreichen, aber inhaltslosen "Käsrede", dem Dialog im Dunkeln oder
dem verzweifelten Buchbinder, der am Telefon durch den ganzen Betrieb
geschickt wird und zuletzt auf die "Saubande, dreckerte" flucht.
Die Zuhörer biegen sich, als Bichler in köstliche Raserei über den
Zwangsbesuch von Theatern verfällt oder als eingebildeter Sänger zum Hinwerfen
komisch die "Vier Jahreszeiten" mit rollendem R singt. Christiane Boehlke
brilliert mit silbentrennenden Liebeslied und als hochnäsige Aufsteigerin
Hiaglwimpft mit losem Mundwerk, bei der auch ein luxuriöses Haus und ein
protziges Auto nicht über die Herkunft hinwegtäuschen.
Sozialkritisch geht es nach der Pause, in der "Obatzen"-Häppchen und andere
Schmankerl serviert werden, mit Brecht’schem Gedankengut weiter. Als Dritter
tritt Gunther Eckes auf die Bühne und sinniert über die Moral des Hungers und
des Reichtums: "Schlag den anderen auf den Kopf und nimm das Geld..."
Eindringlich räsoniert er als Ausbeuter über den Preis eines Menschen.
Hinreißend singen Eckes und Boehlke die "Zuhälterballade" in der Komposition
von Kurt Weill als ein Paar besonderer Art inklusive Tänzchen.
Für diesen höchst ungewöhnlichen und spannenden Abend setzt es lautstarken
Beifall der rund 100 Zuschauer - und als Dankeschön für das gelungene
Literaturcafé-Jahr in Einfeld überreicht das Vereins-Team einen Strauß Rosen
an eine gerührte Vereinsvorsitzende Claudia Toppe.
Holsteinischer Courier vom 20.11.07 |
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Fotos(2): Hajo Wallrodt |